«Ein sehr junges Team mit viel Potenzial»

06.03.2023

Mike Arnold, Sportchef des EHC Seewen, zieht eine positive Saisonbilanz für den EHC Seewen. Bild: Erhard Gick

Am Donnerstagabend ging die lange und intensive Saison für den EHC Seewen zu Ende. Mike Arnold, Sportchef, zieht Bilanz.

Mit Mike Arnold sprach Erhard Gick

Am Donnerstag gingen die Playoffs für Seewen nach drei Niederlagen gegen Arosa zu Ende. Schade?

Wenn man nicht den Titel holt, endet eine Hockeysaison meist immer mit einer Niederlage. Wir haben uns in dieser Serie definitiv mehr erhofft. Man muss aber erkennen, dass Arosa einfach effizienter gespielt hat. Sie haben unsere Fehler knallhart ausgenutzt und selber weniger davon gemacht. Wir haben es verpasst, in diesen drei Spielen in den entscheidenden Momenten die Tore zu schiessen.

Wie bewerten Sie Viertelfinale-Serie gegen den EHC Arosa allgemein?

Arosa hat sich gesagt, Seewen ist der Favorit, weil wir ihn in den letzten fünf Partien viermal geschlagen hatten. Sie waren aber in der regulären Saison auf Platz 3 und wir auf Platz 6 rangiert. Sie hatten deshalb für die Playoffs das Heimrecht, das ist sehr relevant. Das Heimrecht kann entscheidend sein. Aus meiner Sicht standen die Erfolgschancen aber 50:50. Aus dieser Warte ist es schade, dass es 3:0 geendet hat. Sie waren alles in allem mit mehr Glück unterwegs. Am meisten schmerzt das zweite Spiel zu Hause. Dieses dürfen wir nicht verlieren, auch wenn die Schiedsrichterleistung nicht zu unseren Gunsten ausfiel. Ein gültiges Tor wurde uns aberkannt, und diverse Strafen zu Unzeiten hinderten uns daran, den Ausgleich und das Momentum in der Serie zu holen.

Um auf das entscheidende dritte Spiel zurückzukommen: Seewen hat im Grunde gut gespielt. Das hat man auch im Mitteldrittel gesehen. Der Aroser Führungstreffer kam aber zu einem erdenklich ungünstigen Zeitpunkt?

Wir gingen im ersten Drittel in Führung, kassierten aber umgehend den Ausgleich. Mit diesem Resultat ging es in die Pause. Wir zeigten dann wiederum ein sehr gutes zweites Drittel mit vielen guten Chancen, konnten aber nicht den erneuten Führungstreffer erzielen. Wir waren bis dahin wieder die bessere Mannschaft, konnten aber unsere Chancen nicht nutzen. Wir kassierten dann leider zu Drittelsende das zweite Tor, glaubten aber trotzdem noch an eine Spielwende. Ich war auch dieser Überzeugung. Dann fiel das dritte Tor, das war eine zu hohe Hypothek. Mit dem weiteren Treffer ins leere Tor war die Luft draussen.

Wie fällt Ihr Fazit für die Saison 2022/23 aus?

Sehr gut. Seit sechs Jahren spielen wir in der MySports und in der MyHockey League. Wir sind in dieser Zeit vom Abstiegs- zum fixen Playoffkandidaten gereift. Das hatten wir uns für diese Saison zum Ziel gesetzt und haben es erreicht. Wir haben wieder qualitative Fortschritte erzielt und uns weiter verbessert, auch wenn dies die Resultate sowie das Endergebnis dieser Saison nicht klar aufzeigen. Die MyHockey League ist auch dieses Jahr wieder stärker geworden, und wir konnten vorne mithalten. Allerdings waren wir diese Saison weniger konstant. Wir sind sehr gut in die Saison gestartet, aber leider ging es dann eher abwärts. Wir konnten uns aber zum richtigen Zeitpunkt wieder fangen und die Playoffs relativ souverän sichern. Wir haben ein sehr junges Team, in dem sehr viel Potenzial steckt. Daher war diese Saison ein gutes Lernjahr, auf dem wir weiter aufbauen können. Wir werden alle aus den Fehlern lernen und noch stärker zurückkommen.

Heben Sie nach der langen Saison jemanden besonders aus der Mannschaft hervor?

Jeden einzelnen Spieler. Es ist aussergewöhnlich, was sie leisten. Ein solches Pensum jede Woche abzuliefern, nebst dem Beruf, ist eine Gewaltsleistung. Die Leidenschaft, die sie für den EHC Seewen aufbringen, stellt jeden Profi in den Schatten. Wir haben eines der kleinsten Budgets in der MyHockey League. Auch viele 1.-Liga-Vereine haben ein wesentlich höheres Budget. Mit Leidenschaft und Herzblut halten wir uns aber an der Amateur-Eishockey-Spitze fest und werden uns auch nächste Saison weiter verbessern.

Wäre spielerisch nicht mehr dringelegen in dieser Saison ?

Das ist immer möglich. Mehr Spiele, ja auch ein Titelgewinn, aber dazu muss noch mehr zusammenpassen. In den meisten Spielen hat das Team gezeigt, dass es mit jedem Team auf Augenhöhe mitspielen kann. Unser Manko war über die ganze Saison hinweg die Effizienz. Wir liessen auch zu viele Punkte gegen Teams liegen, die hinter uns rangiert waren, und konnten uns somit das Heimrecht in den Playoffs nicht sichern. Wir müssen aber auch demütig sein. Im Sport kann es sehr oft sehr schnell gehen. Ein Beispiel: Das ehemalige Spitzenteam Dübendorf kassierte acht Niederlagen in Folge, wir sechs. Wir haben uns wieder zurückgekämpft und unser Saisonziel, die Playoffs, erreicht. Dübendorf kriselte weiter und befindet sich nun in akuter Abstiegsgefahr.

Anfang Saison hat der EHC Seewen manchen Gegner regelrecht überfahren, dann kam ein Einbruch. Woran lag das?

Wenn ich das wüsste, wäre das Rezept einfach. Klar ist, unsere Vorbereitung war gut, und wir sind mit viel Kraft und Selbstvertrauen in die Saison gestartet. Die Energie hat dann aber etwas nachgelassen. Wir müssen schauen, dass wir im nächsten Sommer noch härter trainieren und unsere Kraftpolster uns über die ganze Saison helfen, konstant gutes Eishockey zu spielen.

Seewen scheiterte oft an mangelnder Effizienz im Abschluss. Wenn man das Stürmerkader betrachtet, sollte es eigentlich anders aussehen.

Ja, unsere grösste Schwäche war die Offensivausbeute. Über die ganze Saison haben wir keine Verbesserung erzielt, jeder Spieler war davon betroffen. Es fehlte an Kaltblütigkeit. Es war oft wie ein Fluch, dass die Scheibe einfach ihr Ziel verfehlte und nicht reinfallen wollte. Wir verfügen über eine sehr junge Mannschaft, sie wird aber aus dieser Misere lernen und Positives mitnehmen. Ich bin überzeugt: Das wird uns nächste Saison weiterbringen.

Wie sah es in der Defensive aus, um einiges besser?

Statistisch gesehen, haben wir eine der besten Defensivleistungen abgeliefert, miteinbezogen die Arbeit der Stürmer und der beiden Torhüter. Unser Hauptproblem blieb die Effizienz.

Wie geht es jetzt für die Mannschaft weiter? Haben schon Spieler für die neue Saison zugesagt?

Mit den meisten Spielern haben bereits Vorgespräche stattgefunden. Nun geht es darum, die Niederlage zu verdauen. Jeder braucht unterschiedlich lange dafür. In den nächsten Wochen werde ich mit jedem Spieler zusammensitzen und diese Saison analysieren sowie die Zukunftsfragen klären. Es wird einen Umbruch geben ja, aber die meisten Spieler werden auch nächste Saison für den EHC Seewen spielen.

Und wie sehen Ihre Pläne für die neue Saison aus?

Ab Mai beginnt das Sommertraining. Die Planung ist bereits weit fortgeschritten. Trainingslager und Vorbereitungsspiele stehen.

Es sind noch viele Unsicherheiten mit der Swiss League vorhanden. Kann der EHC Seewen davon profitieren?

Die Ausgangslage ist noch völlig offen. Man weiss nicht, was mit den Ticino Rockets passiert. Daraus ergeben sich auch unterschiedliche Szenarien, wie unsere Liga nächstes Jahr aussehen wird. Solange die Ausgangslage unklar ist und wir nicht wissen, ob nächste Saison elf oder bis zu vierzehn Teams in unserer Liga spielen, sind Aussagen dazu verfrüht. Fakt ist nur, dass dies den Transfermarkt hemmt. Viele Spieler wollen in die Swiss League, aber die Möglichkeiten sind noch nicht definiert. Daher warten viele noch ab und unterschreiben noch keine Verträge.